Chamonix – der Einstand -


Die letzten Meter bis zum Ausstieg, von dort seilten wir wieder ab

Die Zeit war reif für Chamonix. Mit guten Wetterprognosen, einem Plan und einem starken Kletterpartner war ich bereit für das große Abenteuer. In meinem Kalender schrieb ich “Große Ziele”. Jakob hatte schon ein paar gute Ideen, welche wir vorher schon besprochen hatten.



der Mont Blanc 4808 mit Schneefahne

der Mont Blanc 4808 mit Schneefahne

Die tatsächliche Umsetzung konnten wir erst so richtig vor Ort entscheiden, da wir ja die Verhältnisse noch nicht wirklich kannten. Fürs Akklimatisieren wollten wir uns genügend Zeit nehmen, um dann zur richtigen Zeit punkten zu können. Leider verzögerte sich unsere Abfahrt ein wenig, was mich jedoch nicht störte, da ich so mit Burnie noch ein schönes Wochenende verbringen konnte. Am Sonntag fuhren wir dann los und waren gegen 22:00 in Chamonix.

auf der Mittelstation der Aiguille du Midi

auf der Mittelstation der Aiguille du Midi

Die mächtigen Berge waren wolkenverhangen und warme Luft erfüllte den Talort. Um uns eine aktuelle Lage des Wetters zu holen, gingen wir zum Bergführerbüro, wo immer die aktuellen Infos hängen. Dort sahen wir gutes Wetter bis Donnerstag, was uns sehr freute. Weiters versorgte mich Michl mit aktuellen Flugwetterdaten. Somit wollten wir am ersten Tag in den Argentiere Kessel aufsteigen. Leider stellten wir am nächsten Tag fest, dass die Seilbahn, die uns dorthin bringen sollte, in Revision war. Somit war unser Plan komplett zum umschmeißen verurteilt. Da wir beide Chamonix nicht so gut kannten, war es nicht leicht einen neuen Plan zu schmieden.

Der Zustieg zur Nabot Leon

Der Zustieg zur Nabot Leon

Wir verloren einen ganzen Tag, aber dann hatten wir ein neues großes Ziel. Wir genossen noch einen herrlichen Cafe Creme und die Stimmung in Chamonix. Da wir allerdings noch nichts geklettert waren, konnten wir das Treiben noch nicht so richtig genießen. So um 14:00 zog es wieder zu und wieder waren die Berge von Wolken verhüllt. Die Gletscherzunge, welche sich weit ins Tal zieht, erstrahlte in einem satten und tiefen Blau. Am nächsten morgen fuhren wir mit der ersten Seilbahn, die wir knapp erwischt hatten, hinauf zur Mittelstation.

ich in einen der unteren Seillängen im besten Granit

ich in einen der unteren Seillängen im besten Granit

Dort bunkerten wir unser ganzes Zeug, Zelt, Schlafsäcke, Essen für mehrere Tage, Gas, Kocher …. Gemütlich stiegen wir zu unserer ersten Tour. Es war ein kleiner vorgelagerter Spitz auf dem Pilier Rouge de Blaitière. Die Tour war so im 5. Grat und hatte eine 6- Länge. Perfekt zum einklettern. Beim zweiten Moränenrücken stiegen wir über ein Schneefeld hinauf zum Grat und dort kletterten wir nach rechts zum Einstieg. Mit etwas Mühe konnten wir diesen finden, auch wenn dabei wichtig war die Übersicht zu bewahren. Die Stände waren gebohrt und mit Abseilschlingen versehen.

Jakob am Stand der 6- Länge

Jakob am Stand der 6- Länge

Jakob kletterte die erste Seillänge im besten Granit. Risse und Verschneidungen in bester Qualität. Auch die zweite Seillänge war genial. Herrlicher Fels und griffige Platten zogen Richtung Pfeiler. Pünktlich um 14:00 zog der Nebel ein und brachte eine mystische Stimmung auf. In einer super Pfeilerseillänge vollendete Jakob unsere Tour. Von dort seilten wir wieder ab und hatschten zurück zu unserem Zeltplatz.

Die letzten Meter bis zum Ausstieg, von dort seilten wir wieder ab

Die letzten Meter bis zum Ausstieg, von dort seilten wir wieder ab

Auf einem ebenen Wiesenstück bauten wir unser Zelt auf und sortierten Material. Plötzlich kam aus unserm Kocher kein Gas mehr. Shit! Der hatte den Geist aufgegeben. Somit mussten wir noch zu einer Hütte koffern, um uns dort Wasser zu organisieren. Essen hatten wir zwar genug mit, aber Kochen konnten wir nicht mehr. Gerade ein warmer Tee und eine warme Mahlzeit sind schon was feines. Somit mischten wir am Abend noch Haferflocken mit kaltem Wasser und hofften, dass diese in der Früh nicht gefroren sein würden.

Jakob beim Material sortieren

Jakob beim Material sortieren

Um 04:00 läutete der Wecker und siehe da unsere Haferflocken waren essbar. Nachdem wir alles verstaut hatten, ging es los. Unsere heutige Tour war der Frendo Pfeiler. Die Tour ist 1200 Meter hoch und besteht aus kombiniertem Gelände. Die unteren Längen waren im Felsen (6-) und oben ging es dann über einen steilen Grat und über ein Eisfeld (70°) in kombiniertes Gelände. Die Linie, die wir wählten, war sicher nicht ganz einfach, da wir von meiner Sicht aus oben erst die Hauptschwierigkeiten hatten.

Der Frendo Pfeiler 6-, A0, 70°

Der Frendo Pfeiler 6-, A0, 70°

Über den Moränenrücken stiegen wir Richtung großes Einstiegsschneefeld über welches wir dann zum Einstieg kamen. Der Schnee war von der kalten und klaren Nacht pickelhart, aber mit Steigeisen kein Problem. Bis zur ersten vereisten Rampe gingen wir seilfrei und sicherten dann von dort weg. Die Steigeisen waren griffig und die Kletterei leicht. Ich merkte, dass ich teilweise Probleme beim Klettern mit den Steigeisen hatte. Mit dem Duo war ich sicher nicht im Vorteil und sattes Drytooling Training fehlte mir komplett.

im unteren Teil hatten wir eine Kombination zwischen hartem Firn und Fels

im unteren Teil hatten wir eine Kombination zwischen hartem Firn und Fels

Jakob war da schon um einiges besser. In den schwierigeren Felslängen zog ich mir immer wieder meine Steigeisen aus und kletterte mit den Bergschuhen, was zwar für mich einiges sicherer war, uns aber in Summe viel Zeit kostete. In den zwei Pfeilerlängen zog ich mir sogar meine Kletterschuhe an, da von unten der Pfeiler recht zach aussah und mit viel Gewicht am Buckel gab mir das mehr Sicherheit.

fette Granitblöcke wo das Auge hinreicht

fette Granitblöcke wo das Auge hinreicht

Da ich die Kletterschuhe schon anhatte, ging es für mich gleich in die nächste Felslänge. Dann war schon wieder harter Firn in den Rissen, der nichts für Kletterschuhe war. Bei den leichteren Seillängen gingen wir am fliegenden Seil und bei den 6er Längen sicherten wir wieder. Die Kletterei war toll. Eindrucksvolle Granitblöcke und Verschneidungen machten die Kletterei spannend und abwechslungsreich.

nach der ersten Schlüsselseillänge

nach der ersten Schlüsselseillänge

Am Pfeiler wurden wir dann von einem Bergführergespann überholt. Die zwei waren extrem schnell unterwegs und kletterten alle Längen mit Steigeisen. Auch die 6er Längen im Fels. In Summe waren wir auch zügig unterwegs. Anschließend kam eine recht schwierige A0 Stelle über die ich mich drüberkämpfen musste. Anfangs war mir gar nicht klar, dass ich diese Stelle überwinden musste, aber es gab keinen anderen Weg. An einem Haken und einem Fix Hex zog ich mich hoch und stieg in eine Schlinge. Im Riss legte ich einen Friend und zog mich an diesem drüber. Dann platzierte ich die Steigeisen auf einem kleinen Felsaufleger und stieg höher. Meine Faust stopfte ich in den Riss und blockierte die Hand so, dass diese unmöglich aus dem Riss rutschen konnte. Vorsichtig stieg ich höher und platzierte eine Zacke von meinem Eisen auf zwei Quarzkristallen. Aufstehen, Henkel fassen – puh – drüber.

jetzt waren wir am Grat, weicher Tritt Firn

jetzt waren wir am Grat, weicher Tritt Firn machte uns das ganze recht einfach

Über eine kleine Rampe ging es dann zu einem Köpfel, wo ich Stand machte. Jakob und ich dachten jetzt beide, dass wir jetzt am Schneefeld sind, aber dem war nicht so. Noch eine cleane knackige Länge stand bevor. Souverän kletterte Jakob die Felslänge mit Steigeisen und baute oben einen Stand. Im Nachstieg hatte ich ganz schön zu kämpfen, aber bald war ich oben am Stand. Jetzt knallte die Sonne runter und wir waren beide schon ein wenig müde.

der Grat

der Grat

Doch die „Schwierigkeiten“ standen uns noch bevor. Auf jeden Fall hieß es vorerst Seile weg und über den Schneegrat steigen. Im weichen Firn stapften wir über den Grat. Rechts piff es in ca. 70° steilem Gelände hinunter und Links hatte die Wand auch so um die 55°. Konzentriert kamen wir schnell zum ersten steileren Aufschwung. Von dort sicherten wir wieder und gingen beide am fliegenden Seil. Leider kam pünktlich um 14:00 wieder der Nebel und die Sicht war auf 50 Meter begrenzt.

im Eisfeld im oberen Teil

im Eisfeld im oberen Teil

Der Schnee wurde immer weniger und schön langsam gab es nur noch blankes Eis. Jetzt kam die erste kombinierte Länge, welche Jakob souverän führte. Die Sonne war weg und es wurde kalt. Wir tauschten die Sonnenbrillen gegen Daunenjacken und kletterten weiter. Wir entschieden uns hier die direkte Linie zu klettern und nicht links oder rechts auszuweichen. Da Jakob gutes Eistraining in Kanada gehabt hatte, fühlte er sich richtig wohl und führte die heiklen Seillängen.

Jakob in einer Mixed Seillänge bei sehr dünner Eisauflage

Jakob in einer Mixed Seillänge bei sehr dünner Eisauflage

Teilweise gab es nur dünne Eisglasuren, wo das Eisgerät gerade 2 cm ins Eis ging. Auch im Nachstieg galt es extrem aufzupassen, da wir ein paar heikle Querungen hatten. Die letzte Seilbahn war schon lange weg und so gab es auch für uns keine Chance an diesem Tag noch in unser Basislager abzusteigen. Kocher hatten wir keinen mit und unser Wasservorrat bestand aus einem kleinen Schluck Elektrolyt, welches mittlerweile gefroren war. Aber die Stimmung war gut, da wir mittlerweile schon fast beim Ausstieg waren.

noch eine beherzte Länge dann waren die Hauptschwierigkeiten vorbei

noch eine beherzte Länge dann waren die Hauptschwierigkeiten vorbei

Eine steile Eisseillänge und ein wenig Schneegestapfe trennten uns noch vom Gipfelsieg. Mit einem toten Mann sicherte ich Jakob noch die letzten Meter. Die Wolken waren genau auf unserer Höhe und boten uns ein tolles Naturschauspiel. Als wir, auf dem schmalen Grat, Richtung Aiguille du Midi stapften, bot sich uns ein tolles Naturschauspiel. Eine Corona in der Nebelwand hervorgerufen durch eine Spiegelung der Sonne.

wieder mal gemeinsam sahen wir dieses tolle Lichtspiel

wieder mal gemeinsam sahen wir dieses tolle Lichtspiel

Die Wolkenfetzen zogen um uns herum, immer wieder sanken die Wolken unter uns weg und wir hatten Sonnenschein. Ich kam aus dem Schauen gar nicht mehr so richtig raus. Nun stapften wir die letzten Höhenmeter hinauf Richtung Seilbahnstation und erst jetzt merkte ich, wie müde ich war. Durch einen Eistunnel kamen wir ins Innere und ein trockenes Plätzchen war auch schnell gefunden. Da es schon recht spät war, war auch die Nacht bald da.

der letzte Grat zur Aiguille du Midi Seilbahnstation

Es war zwar alles andere als gemütlich und warm, aber der nächste Tag kommt immer. So war es dann auch. Mit der ersten Seilbahn fuhren wir wieder in unser Basislager und dort brachen wir unsere Zelte ab, um wieder hinunter zu fahren und uns für unsere weiteren Pläne vorzubereiten. Jetzt fühlten wir uns auch in Chamonix wohl, da wir ja eine tolle Tour am Konto hatten. Leider war unsere Freude nur von kurzer Dauer als wir beim Bergführerbericht die Wetterprognose für die nächsten Tage sahen!

Gipfelsieg und die Freude vom durchstieg der 1200m Wand waren groß

Gipfelsieg und die Freude vom durchstieg der 1200m Wand waren groß

Eine Schlechtwetterfront von allen Seiten trübte unsere gute Stimmung ein wenig. Nach langem Planen war eigentlich klar, dass wir nicht viele Alternativen hatten. Egal ob Zentralschweiz, Dolomiten, ja sogar in Arco waren Regen und schlechtes Wetter angesagt. Das stimmte uns zwar nicht sehr erfreut aber wir hatten ein paar echt tolle Tage verbracht und das war genug Grund, um noch ein wenig zu feiern. Somit fuhren wir dann wieder gemütlich heim ins schöne Österreich ;-).

der die Bilder könnt ihr euch hier ansehen

Nabot Leon 6-

Frendo Pfeiler 6-, A0, 70°

  1. Jürgen am 22. Juni 2009

    Puh, hört sich nach ziemlich spannenden Touren an! Gratuliere!

  2. Markus am 10. Juni 2009

    Puh, das sind schon wirklich ganz große Unternehmungen! Gratulation!

  3. Sophie und Michael am 10. Juni 2009

    Großartige Landschaft, wunderbare Fotos, aber ein bißchen mulmig wird mir schon, wenn ich euch so betrachte, Bussi Mum

  4. Sehr lässige Touren, die ihr da gmacht habts! Wirklich ein gelungener Chamonix Einstieg. Nur schade, dass das Wetter nit so richtig mitgspielt hat. Super Fotos!

    lg Peter