Sachverhalt:

A fuhr mit seinem Mountainbike auf einer etwa 2,5 m breiten Forststraße mit einer Oberfläche aus Schotter, gebrochenem Gestein und gebrochenen Dachziegeln, die ein Gefälle von etwa 10 % aufwies, mit etwa 20 km/h bergab. Diese Forststraße mündet wenige Meter unterhalb der Unfallstelle in einen als Radwanderweg ausgeschilderten öffentlichen Weg. An der Unfallstelle hat B seit Jahren an zwei außerhalb des Wegs angebrachten Holzstehern eine quer über den Weg gespannte silbergraue Metallkette angebracht, von der A – ihm war diese Forststraße bis dahin unbekannt – nichts wusste. Ein besonders aufmerksam fahrender Mountainbiker hätte die quer über die Forststraße gespannte Kette aus einer Entfernung von etwa 50 m erkennen können, bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit war sie jedenfalls aus einer Entfernung von etwa 25 m erkennbar. Der Anhalteweg für einen Mountainbiker aus einer Geschwindigkeit von 20 km/h beträgt knapp 12 m. A, der die Kette nicht bemerkte, fuhr dagegen, stürzte über sie und zog sich durch den Sturz schwere Verletzungen zu.

A war auf die Forststraße gelangt, indem er mit seinem Mountainbike zunächst einen über einen anderen Weg gelegten Metallschranken umging, an Verkehrszeichen „Allgemeines Fahrverbot“ mit dem Zusatz „Forststraße“ samt Zusatztafel „gilt auch für Reiter und Radfahrer“ vorbeiging, etwa 100 bis 150 m auf einem Wanderweg und schließlich etwa 12 m über eine Waldlichtung und über den Wegrand der Forststraße sein Mountainbike weiterschob. Erst auf der Forststraße bestieg er sein Mountainbike und fuhr diese in der Annahme bergab, dass man auf dieser Forststraße – wie überhaupt im Wald – Fahrrad fahren dürfe.

Entscheidung: (Auszüge aus 4 Ob 200/12h)

A stützt sich im Rechtsmittelverfahren nur mehr auf die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB. Der Wegehalter hat für Unfallsfolgen nur einzustehen, wenn ihm oder seinen Leuten grobe Fahrlässigkeit vorwerfbar ist. Darunter ist eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falls in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist. Es kommt im jeweils zu prüfenden Einzelfall darauf an, ob der Wegehalter die ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um eine gefahrlose Benützung gerade dieses Wegs sicherzustellen.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 1 Ob 260/05z sogar bei einem als Mountainbikestrecke freigegebenen Forstweg einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die den Wegehalter treffenden Verkehrssicherungspflichten verneint, wenn die unfallskausale Wegschranke nur aus einer Entfernung von 10 bis 15 m erkennbar war, wenn gleichzeitig aus einer Entfernung von 55 m in die Augen fallende seitliche Pfosten und ein Fußgängerdurchgang neben der Forststraße die Gefahrenquelle bei gebotener Aufmerksamkeit erkennbar machen. Ist die silbergraue Metallkette jedenfalls aus 25 m Entfernung erkennbar, bei Anwendung besonderer Aufmerksamkeit sogar aus 50 m, liegt gleichfalls kein grob fahrlässiges Verhalten des Wegehalters oder seiner Leute vor, wenn keine darüber hinausgehende Warnung oder Absicherung erfolgt.

Da somit die Haftung der Beklagten als Wegehalterin nach § 1319a ABGB mangels grob fahrlässigen Verstoßes gegen sie treffende Verkehrssicherungspflichten jedenfalls ausgeschlossen ist, ist die vom Berufungsgericht und dem Revisionswerber als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Rechtsfrage, ob für den Kläger die unerlaubte Benützung einer Forststraße erkennbar war, nicht entscheidungswesentlich.

Kommentar (Peter Gloß):

Maßgeblich ist – objektiv gesehen – die Erkennbarkeit des Hindernisses. Ein dünner Draht wäre wohl nicht so leicht zu erkennen wie die Metallkette im vorliegenden Fall. Für den Wegehalter gilt: umso mehr (deutlicher), umso besser. Für den Mountainbiker gilt: Das Gebot des Fahrens auf Sicht ist stets zu beachten