5. September 2010. Es ist 6.15 Uhr, wir befinden uns am Parkplatz des Rifugio Auronzo am Fuße der drei Zinnen. Die Cassin steht heute auf dem Programm. Westliche Zinne Nordwand. Das Thermometer zeigt 2° Celsius.

drei Zinnen Nordwand

drei Zinnen Nordwand, Süd Tirol

Es ist saukalt heute! Was zu dieser frühen Morgenstunde als rein deskriptiver Beobachtungssatz durch das neuronale Netz meines, von aristotelischer Syllogistik verseuchten, Gehirns schwirrte, wurde unabhängig davon auch von meinem Kletterpartner prophetisch-präskriptiv in einer, zur empirischen Untersuchung freigegebenen, Hypothese ausgedrückt: „Es wird saukalt heute!“, und sollte im weiteren Verlauf des Tages einem mitunter schmerzhaften Beweisverfahren unterzogen werden, in dessen Folge sich eine eindeutige Schlussfolgerung formulieren lässt: Daunenjacke, Handschuhe und Wollmütze: wahr, gut und schön. Aber: ich brauche eine wärmere Kletterhose.

Um die hochgesteckten Anforderungen an eine neue Investition zu erfüllen, bietet es sich oftmals an, eine Liste an Eigenschaften zu erstellen, die dann systematisch abzuarbeiten ist. In meinem Fall sollte die neue Hose:

  • winddicht,
  • wasserabweisend,
  • technisch,
  • aus Stretchmaterial bestehen,
  • eventuell Verstärkungen an den Knien haben
  • und eigentlich voranzustellen: günstig sein.

Natürlich bietet einem der Markt mehr als genug Produkte an, die sämtliche Kriterien mehr oder weniger erfüllen. Es ist dann die Aufgabe eines jeden mündigen Konsumenten die „mehrs“ und „wenigers“ gegeneinander aufzuwiegen und sich dann letztlich für ein, in den meisten Fällen doch recht zufälliges Produkt zu entscheiden. So ergeht es zumindest mir des Öfteren, wenn ich im Internet über verschiedene Produkte recherchiere, die in meinem Freundes- oder Bekanntenkreis bisher noch nicht getestet wurden. Da der Preis in meinem Fall eine große Rolle bei der Entscheidungsfindung spielt, ist die Auswahl vorneweg gleich mal ordentlich eingeschränkt. So stolperte ich bei meinen Recherchen mehr oder weniger zufällig über die Apex Icefall Pants von The North Face.

Da ich mit der Marke The North Face bisher recht positive Erfahrungen gemacht habe und die Produktbeschreibung der Apex Icefall Pants fast mehr versprach, als ich mir vorgestellt habe, war es plötzlich sehr klar, welche Hose es werden sollte!

Verschwörung der Idioten, 8+/9-

Verschwörung der Idioten, 8+/9-

Aus diversen marketingtechnischen Gründen der Hersteller und Vertreiber halten aber Produktbeschreibungen manchmal nicht das, was sie versprechen. Wenn ich den Produktnamen „Icefall“ Pants, die Produktbeschreibungen: „besten Schutz vor Nässe und Kälte“, „ideal für eisige Kletterabenteuer“, oder „brushed inner surface for extra warmth“ lese, erwarte ich mir eigentlich eine warme Winterhose, mit der ich in so manchen kalten Situation gerüstet bin – auch ohne spezielle Thermounterwäsche.

Leider lässt die Wärmeisolation der Hose insgesamt aber stark zu wünschen übrig. Dass die Hose unter der Bezeichnung „ICEFALL“ Pants vertrieben wird, rief beim ersten haptischen Kontakt große Verwunderung hervor, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie in einem schattigen Eisfall bei Temperaturen unter null Grad Celsius diesem Namen gerecht wird.

Keine Frage, die Ice Fall Pants ist eine super Kletterhose, ich konnte sie bereits in mehreren Klettertouren testen und bin von der Performance wirklich überzeugt. Das Material ist robust, der Wasser- und Windschutz ist gut. Der Schnitt ist zwar typisch amerikanisch, fällt also eher etwas größer aus als bei europäischen Marken üblich, dafür überzeugen aber die lang gestellten Beine, die pfeifend-kalten Wind am Hängestand gut von den Waden fernhalten. Außerdem geht die Hose schön über die Nieren hoch und hält auskühlenden Wind in Kombination mit einer Windstopper Jacke schön draußen. Aber bei Temperaturen um die Null Grad Celsius oder darunter antizipiere ich ordentliches Frösteln! Bei einer meiner letzten Touren (Frühtemperatur: 2 Grad, kaum Wind, etwas Sonne) war ich um meine lange Unterhose sehr froh.

TNF Apex Icefall Pants im Härtetest

TNF Apex Icefall Pants im Härtetest

Zwar habe ich sie noch nicht der „Zinnen-Nordwand-bei-2-Grad-Probe“ unterzogen und ich konnte sie wegen des mangelnden Eises auch noch nicht richtig auf ihre Namensentsprechung testen. Grundsätzlich wäre es ja möglich, dass die Hose doch noch ungeahntes Wärmepotential birgt, das sie mir bisher vorenthielt. Rein von der Wahrscheinlichkeit her allerdings, würde ich dies eher ausschließen. Daher fällt das abschließende Gesamturteil eher ambivalent aus:

Die The North Face Apex Ice Fall Pants ist eine ausgezeichnete Kletterhose, deren robustes Material und Schnitt in Kletterrouten völlig überzeugt, deren Name allerdings eine Erwartungshaltung hervorruft, die mangels der thermischen Isolation nicht erfüllt wird. Wegen der guten Wind- und Wasserresistenz kann ich mir zwar gut vorstellen, dass sie an sonnigen Wintertagen für die eine oder andere Skitour gut geeignet ist. Fürs alpine Kletterabenteuer bei positiven Temperaturen ist sie (mit entsprechender Unterwäsche) sogar sehr empfehlenswert! Wer sich aber eine Eiskletterhose (wie der Name suggeriert) erwartet wird enttäuscht werden!

Autor: Mag. Dominik Ertl